Schillers Drama „Kabale und Liebe“, in dem die unstandesgemäße Liebe zweier junger Menschen an den althergebrachten Regeln der Gesellschaft scheitert, gehört zur literarischen Epoche des Sturm und Drangs, hat aber auch Elemente der Aufklärung. Insbesondere der impulsive Ferdinand ist ein Paradebeispiel für einen Stürmer und Dränger, Luise ist dagegen eher eine Vertreterin der Aufklärung. Dieser Artikel ordnet das Stück in die Epochen ein.
Elemente des Sturm und Drangs
Das Gefühl steht bei „Kabale und Liebe“ im Vordergrund. Das Hauptthema ist die verbotene Liebesbeziehung zwischen der 16-jährigen bürgerlichen Luise und dem 20-jährigen adligen Ferdinand. Insbesondere Ferdinand ist ganz Gefühlsmensch und lebt diese Gefühle in extremer Weise aus. Zu Beginn ist er von seiner Liebe erfüllt und will sich über alle Grenzen hinwegsetzen. Später schlägt sie in eine grenzenlose Rachsucht um, die bis zum Mord bzw. Selbstmord geht.
Ferdinand lehnt sich gegen die bestehende Ordnung auf und verteidigt seine Ansichten auch mit Waffengewalt gegen seinen Vater. Dieser ist Teil und Vertreter des absolutistischen Herrschaftssystems, an dem das Stück unverhohlen Kritik übt. Besonders deutlich wird dies am Soldatenhandel, der in der Kammerdienerszene aufgedeckt wird. Historisches Vorbild ist der württembergische Fürst Karl Eugen, unter dessen Willkürherrschaft Schiller selbst auch zu leiden hatte, nachdem er sich unerlaubt von seinem Posten als Militärarzt entfernt hatte.
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Er wurde daraufhin für 14 Tage inhaftiert und ihm wurde jede dichterische Arbeit verboten. Schiller floh deshalb und lebte im Exil. Karl Eugen betrieb außerdem Soldatenhandel, hatte diverse Mätressen und führte einen verschwenderischen Lebensstil auf Kosten seiner Untertanen – genau wie der Fürst in Schillers Stück.
Auch die Sprache ist in den Sturm-und-Drang-Dramen dynamischer, geprägt von Halbsätzen und Gefühlsausdrücken. Dies sieht man beispielsweise an Miller, der etliche Kraftausdrücke verwendet oder an Ferdinand, der oft Halbsätze benutz, um seine Gefühle auszudrücken.
Weitere Merkmale der Epoche, die auch auf „Kabale und Liebe“ zutreffen, sind die Aufhebung der Ständeklausel, Abfassung in Prosa sowie Aufhebung der Einheit von Zeit, Ort und Handlung. In Schillers Stück sind es drei Orte, Millers Haus und die Paläste der Milford und des Präsidenten, die sich gegenüberstehen. Außerdem gibt es mehrere Handlungsstränge: Ferdinands Lösungsversuche, die Intrige und Lady Milfords Bestrebungen.
Eine typische Vertreterin der Aufklärung ist Luise, die ihren Verstand gebraucht und dadurch erkennt, dass sich die Standesgrenzen nicht überwinden lassen und es daher keine Zukunft für ihre Liebe zu Ferdinand geben kann. Einerseits wünscht sie sich zwar, dass Ferdinand sie heiratet, aber andererseits kann sie ihrem Vater diesen Bruch mit den gesellschaftlichen Konventionen nicht antun.
Darin zeigt sich der Widerspruch zwischen Neigung und Pflicht, wobei sie die Neigung der Pflicht unterordnet, obwohl dadurch ihre Freiheit eingeschränkt wird. Nach Kant handelt sie dadurch sittlich gut und im Sinne des aufgeklärten Menschen.
Die Liebe zwischen Ferdinand und Luise ist geprägt von Freiheit, Selbstbestimmung und Unabhängigkeit. Aber sie scheitert und das nicht nur an der Gesellschaft, sondern auch an Ferdinands Selbstüberschätzung. Er maßt sich an, der Richter über andere zu sein und stellt seine Selbstbestimmung und Freiheit über alles.
Dies zeigt die Kehrseite der aufklärerischen Bestrebungen. Aufklärerische Tendenzen zeigt auch Lady Milford. Zu Anfang handelt sie aus egoistischen Motiven heraus, da sie Ferdinand heiraten will, um ihr persönliches Glück zu finden. Dafür nimmt sie auch Luises Unglück in Kauf. In der Einflussnahme auf den Fürsten zum Wohl der Untertanen zeigt sich aber ihr Streben nach gutem Handeln und am Ende befreit sie sich von den Zwängen am Hof und wählt ein selbstbestimmtes, freies Leben.
Autorin: Kirsten Schwebel
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