In diesem Artikel findet ihr eine Zusammenfassung der Aufzüge von Lessings Nathan der Weise. Dadurch könnt ihr euch einen guten Überblick über die Handlung verschaffen.
1. Aufzug:
Als der reiche Jude Nathan von einer Geschäftsreise nach Jerusalem zurückkehrt, erfährt er von der christlichen Gesellschafterin seiner Tochter Recha, dass diese beinahe bei einem Brand in seinem Haus ums Leben gekommen ist. Sie wurde allerdings von einem jungen Tempelherrn aus den Flammen gerettet, der selbst kurz zuvor von Sultan Saladin begnadigt wurde, weil er ihn an dessen verstorbenen Bruder erinnert hat. Recha hält ihren Retter für einen Engel, kann aber von ihrem vernünftigen Vater davon überzeugt werden, dass er ein Mensch ist.
Nathan erhält dann Besuch von seinem Freund, dem Derwisch (= Bettelmönch) Al-Hafi, der sich vom Sultan dazu überreden ließ, dessen Schatzmeister zu werden. Dies ist allerdings eine undankbare Stellung, da nie Geld da ist und Al-Hafi nun welches leihen soll. Nathan will aber dem Sultan kein Geld leihen und auch sein Freund will nicht mehr länger betteln gehen, sondern stattdessen wieder als Bettelmönch leben und sich an den Ganges zu den Lehrern seines Glaubens zurückziehen.
Recha entdeckt den Tempelherrn, der unter den Palmen vor ihrem Haus spazieren geht. Da Nathan ihm unbedingt noch selbst danken will, schickt er Daja, damit sie ihn beobachtet, bis er kommt. Das tut sie auch und sie sieht, wie dieser sich mit einem Klosterbruder unterhält. Der soll den Tempelherrn als Spion für den skrupellosen Patriarchen anwerben, was der Tempelherr aber ablehnt, da er seinen Retter Saladin nicht hintergehen will.
Als der Klosterbruder weg ist, spricht Daja ihn zum wiederholten Male an und lädt ihn in Nathans Haus ein. Sie wirbt außerdem für diesen und betont Nathans Güte. Als der Tempelherr aber wie immer ablehnend reagiert, beobachtet sie ihn lediglich von weitem.
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2. Aufzug:
Saladin spielt mit seiner Schwester Sittah Schach, ist aber nicht recht bei der Sache und verliert, weil ihn der durch die Tempelherren gebrochene Waffenstillstand beschäftigt. Er hätte den Krieg gerne beendet, da ihm allmählich die finanziellen Mittel ausgehen, um die Soldaten zu bezahlen. Besiegelt hätte er den Frieden gerne mit einer Doppelhochzeit zwischen Sittah und Richard I. sowie seinem Bruder Melek und Richards Schwester. Dies ist nun aber nicht mehr möglich. Sittah ist darüber nicht traurig, da sie die Christen für hochmütig hält, denn Melek und sie hätten auch vor der Hochzeit zum Christentum konvertieren müssen.
Al-Hafi, der Sittah ihren Gewinn auszahlen soll, kommt dazu und macht den Sultan darauf aufmerksam, dass das Spiel für diesen noch gar nicht verloren ist. Saladin will aber keine Ratschläge und wirft das Spielbrett um. Al-Hafi erzählt daraufhin, dass die Kassen des Sultans bereits seit längerer Zeit leer sind und Sittah sämtliche Aufwendungen des Hofes bezahlt. Der großzügige und selbst sehr bescheidene Saladin weiß nicht, wie er Gelder einsparen soll und schickt Al-Hafi daher erneut zu den Reichen der Stadt, um Geld zu borgen. Als Sittah Nathans Namen einwirft, redet der Schatzmeister schlecht über seinen Freund, um diesen vor dem Zugriff des Sultans zu schützen und eilt davon. Sittah wundert sich darüber und will einen Plan schmieden, um an Nathans Geld zu kommen.
Währenddessen spricht Nathan den Tempelherrn an, der ihm sofort sympathisch ist und an etwas erinnert, das ihm gerade nicht einfällt. Geschickt gelingt es Nathan die Freundschaft des Tempelherrn zu erringen, da sie feststellen, dass sie es beide furchtbar finden, anderen mit Gewalt einen Glauben aufzudrücken und sie sich auch beide zuallererst als Mensch definieren und nicht als Anhänger ihres Glaubens. Nathan will dem Tempelherrn gerne Recha vorstellen, als Daja herbeieilt und ihm sagt, dass der Sultan nach ihm geschickt hat. Nathan verspricht, gleich aufzubrechen und nimmt sich vor, Saladin so zu dienen, wie dieser es von ihm verlangt, weil er den Retter seiner Tochter begnadigt hat. Er vereinbart mit dem Tempelherrn, dass sie sich bald wiedersehen und nachdem dieser gegangen ist, nähert sich Al-Hafi. Er warnt Nathan vor dem Sultan und vor dessen Unbelehrbarkeit. Außerdem verabschiedet er sich von seinem Freund, da er nun an den Ganges aufbricht, um wieder als Bettelmönch zu leben.
3. Aufzug:
Recha und Daja erwarten den Besuch des Tempelherrn. Daja macht immer wieder Andeutungen gegenüber Recha, die diese nicht versteht. Als Daja ihr das Geheimnis enthüllen will, wird sie von ihrem Schützling unterbrochen, denn Recha will sich keine schwülstigen Reden über Dajas Glauben anhören. Unterbrochen werden die beiden durch die Ankunft des Tempelherrn. Recha verhält sich diesem gegenüber anfangs sehr spöttisch und abweisend, während ihr Retter beeindruckt von ihr ist und sich sofort in sie verliebt. Schließlich verabschiedet er sich mit der Ausrede, dass er mit Nathan am Kloster verabredet sei. Recha stellt dann fest, dass sie scheinbar doch nicht so verliebt in den Mann ist, wie sie dachte und Daja hofft, dass ihre Gefühle zurückkommen. Sie spekuliert nämlich auf eine Hochzeit der beiden und hofft, dass sie das junge Paar dann nach Europa begleiten kann.
In der Zwischenzeit bereitet sich Saladin darauf vor, Nathan eine Falle zu stellen und verbietet seiner Schwester Sittah während des Gesprächs zu lauschen. Als Nathan da ist, umschmeichelt er ihn erst, kommt dann aber schnell zur Sache, als dieser bescheiden bleibt. Er will von Nathan wissen, welche Religion für ihn die wahre ist und gibt ihm noch eine kurze Bedenkzeit vor seiner Antwort. Nathan wundert sich, dass der Sultan kein Geld will und wittert die Falle. Deshalb beschließt er Saladin eine Geschichte zu erzählen, da er dem Sultan keine eindeutige Antwort geben kann. Sagt er nämlich, das Judentum sei die wahre Religion, beleidigt er seinen Herrscher, sagt er aber, der Islam sei es, dann müsste er eigentlich konvertieren.
Als Saladin zu ihm zurückkehrt, erzählt er diesem die Ringparabel, in der ein Zauberring, der die Kraft hat, vor Gott und den Menschen angenehm zu machen, immer vom Vater an den liebsten Sohn vererbt wird. Einmal hat aber ein Vater seine drei Söhne gleich lieb und lässt daher zwei Duplikate des Rings anfertigen. Er schenkt jedem seiner Söhne kurz vor seinem Tod einen Ring, ohne selbst zu wissen, welcher der echte ist. Die Söhne streiten sich, können aber den richtigen Ring nicht herausfinden. Deshalb ziehen sie vor Gericht, aber auch dort findet sich keine Lösung. Der Richter gibt den Söhnen daher den Rat, dass jeder von der Echtheit seines Ringes überzeugt sein soll und danach streben soll, die Kraft des Ringes zum Vorschein zu bringen. Im Laufe der Zeit wird sich dann zeigen, welcher der wahre Ring ist.
Saladin versteht, dass mit den drei Ringen die drei Religionen gemeint sind und bietet Nathan seine Freundschaft an. Nathan nimmt sie gerne an und will Saladin von sich aus Geld leihen, was den Sultan anfangs beschämt, da er genau das eigentlich wollte. Sein neuer Freund kann ihn allerdings beruhigen und will ihm schicken, was übrig ist, wenn er den Tempelherrn für die Rettung seiner Tochter bezahlt hat. Der Sultan bittet Nathan darauf, den Tempelherrn mit in den Palast zu bringen, um ihn Sittah zu zeigen, die den verstorbenen Bruder nicht kannte, dem er ähnlich sieht. Nathan verspricht es und eilt gleich los diesen zu holen. Er trifft ihn am Kloster, wo er sich gerade eingesteht, dass er sich in Recha verliebt hat. Er bedrängt Nathan, ihm seine Tochter zur Frau zu geben. Nathan reagiert aber zögerlich und will erst mehr über die Familie des Tempelherrn erfahren. Dann lässt er den aufgewühlten Tempelherrn zurück, um zu Hause das Geld für den Sultan anzuweisen.
Während der Ritter auf Nathans Rückkehr wartet, schleicht sich Daja an den Tempelherrn heran und offenbart ihm, nachdem sie sich vergewissert hat, dass dieser Recha liebt, ein Geheimnis. Recha ist nämlich eigentlich eine getaufte Christin und Nathan hat sie bloß als seine Tochter angenommen. Daja ist sich sicher, dass der Tempelherr Nathan so zur Zustimmung zur Hochzeit zwingen kann, weil sie hofft, dass sie dann das Brautpaar nach Europa begleiten kann.
4. Aufzug:
Der Tempelherr geht zum Patriarchen und erbittet sich einen Rat in Bezug auf Nathan und Recha. Der antisemitische Kirchenfürst will, dass der Jude verbrannt wird und meint sogar, dass Gott es nicht nötig hat, ein Kind mit Hilfe eines Juden zu retten. Den Tempelherrn bestürzt diese unchristliche Einstellung und er will schnell gehen. Obwohl er keine Namen genannt hat und betont hat, dass es sich nur um einen theoretischen Fall handelt, ahnt der Patriarch aber, dass es sich um reelle Leute handelt und er setzt deshalb den Klosterbruder darauf an, herauszufinden, wer es ist. Außerdem will er die Unterstützung des Sultans, der versprochen hat, die Kirche zu schützen.
Nathan hat in der Zwischenzeit viel Geld zum Sultan liefern lassen. Mit der einen Hälfte bezahlt der seine Schwester und die andere Hälfte soll Al-Hafi verwahren. Sittah hat ein Bild ihres verstorbenen Bruders Assad herausgesucht, um es mit dem Tempelherrn zu vergleichen. Dieser kommt nun auch und ist immer noch aufgewühlt. Er stellt sein Leben in den Dienst Saladins, worin dieser eine weitere Ähnlichkeit zu Assad sieht. Außerdem sagt der Tempelherr zu, bei ihm zu bleiben und beide freuen sich einen neuen Freund gefunden zu haben. Als die Rede auf Nathan kommt, reagiert der Tempelherr hitzig und will sein Interesse an Recha auch mit Gewalt durchsetzen. Der Sultan kann ihn aber bremsen und ihm wieder bewusst machen, dass Nathan kein schlechter Mensch ist und auch die Rache der Kirche nicht verdient hat. Saladin spricht ihm außerdem Mut zu, dass er Recha heiraten kann, wenn es ihm ernst mit ihr ist. Dann schickt er den Tempelherrn los, um Nathan zu holen. Sittah will währenddessen nach Recha schicken lassen, um sie kennenzulernen.
Daja drängt Nathan in der Zwischenzeit, Recha mit dem Tempelherrn zu verheiraten, was Nathan eigentlich gerne tun würde. Er muss vorher aber noch ein paar Dinge herausfinden und bittet Daja um Geduld. Da kommt der Klosterbruder zu ihm, um ihn zu warnen, dass ihn jemand beim Patriarchen angezeigt hat, da es der Klosterbruder war, der Nathan damals die wenige Wochen alte Recha brachte. Sie ist die Tochter von Nathans Freund Wolf von Filnek, der nach dem Tod der Mutter des Kindes in den Krieg ziehen musste und dann auf dem Schlachtfeld starb. Nathan selbst hatte drei Tage zuvor seine Frau und seine sieben Söhne verloren, weil diese von Christen getötet wurden. Voller Dankbarkeit nahm er das Kind als Geschenk Gottes an. Nun will er Recha ihre leibliche Familie nicht vorenthalten und der Klosterbruder verspricht ihm, ein Buch zu holen, in dem auf Arabisch sämtliche Verwandte aufgelistet sind.
Nach diesem Gespräch erfährt Nathan von Daja, dass Sittah nach seiner Tochter schicken lässt und er befürchtet eine Falle des Patriarchen und dass Daja ihn dort angeschwärzt hat. Daja hat dagegen Angst, dass der Sultan Recha für sich beanspruchen will und beschließt ihr unterwegs zum Palast ihre wahre Herkunft zu enthüllen.
5. Aufzug:
Die erwarteten Gelder aus Ägypten sind endlich bei Saladin eingetroffen, sodass er Nathan dessen Geld zurückzahlen kann. Der Tempelherr ist unterdessen zu Nathans Haus gegangen und ist nicht mehr böse auf ihn. Er gibt ihm gegenüber zu, dass er beim Patriarchen war, betont aber, dass er keine Namen genannt hat und entschuldigt sich für sein hitziges Verhalten. Außerdem will er Recha sofort heiraten, damit die Familie der Rache des Patriarchen entgeht. Nathan macht ihm aber klar, dass er mittlerweile weiß, dass Recha einen Bruder hat und der Tempelherr bei diesem um ihre Hand anhalten muss. Er nimmt den Tempelherrn mit zum Sultan, da dort sowohl Recha als auch ihr Bruder zu finden sind.
Recha ist völlig aufgelöst bei Sittah und erzählt ihr, dass Daja ihr offenbart hat, dass sie eine getaufte Christin sei. Sie befürchtet Nathan als ihren Vater zu verlieren. Sowohl die Prinzessin als auch der inzwischen dazugekommene Saladin versprechen ihr aber, dass das nicht geschehen wird. Saladin weist darauf hin, dass es sicher noch einen Mann in Rechas Herzen gäbe und dass er jemanden für sie herbestellt habe. Daraufhin kommen Nathan und der Tempelherr dazu. Saladin will eine sofortige Verlobung zwischen Recha und dem Tempelherrn anbahnen, aber Nathan sagt, dass Rechas Bruder da noch mitzureden habe.
Er offenbart, dass der Tempelherr eigentlich Leu von Filnek heißt und Rechas Bruder ist, deren richtiger Name Blanda von Filnek lautet. Alle freuen und umarmen sich und Nathan will auch der Vater des Tempelherrn sein. Saladin spricht noch einmal mit Nathan über den Vater der beiden und es stellt sich heraus, dass dieser Saladins Bruder Assad war. Damit sind Recha und der Tempelherr sein und Sittahs Neffe und Nichte. Alle freuen sich und umarmen sich stumm, während der Vorhang fällt.
Autorin: Kirsten Schwebel
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